Würde man die Geschichte der Klaviermusik als eine Art Gebirgslandschaft visualisieren, so nähme das Werk Maurice Ravels in diesem Panorama ohne Frage einen Gipfel ein. Es ist ein Zentralmassiv eigener Art für jeden pianistischen „Bergsteiger“. Wohl sind das Profil, die verführerische Anziehungskraft und die Tücken dieser Werke seit langem bekannt, und nicht nur in der französischen Pianistik gehören sie zum Kanon der Klaviermusik des 20. Jahrhunderts. Dennoch stellt Ravels artifizielle, indirekte Klangwelt ihre Interpreten vor höchste Herausforderungen an Virtuosität, Klangsinn und Sensibilität. Von der klassizistischen Sonatine führt sie über die phantastische Welt des Gaspard de la Nuit – einem Meilenstein der Virtuosität in der Geschichte der Klaviermusik überhaupt – und die raffinierten Walzerparaphrasen der Valses Nobles et Sentimentales zur selten gespielten Transkription des weltberühmten Orchesterwerks La Valse für Klavier solo. An diesem Spiel, das Risiko und Kontrolle souverän miteinander verbindet, lässt sich eindrucksvoll studieren, welche Kräfte La Valse in der Klavierfassung zu entfesseln vermag – aber auch, wie sich Obsession und Tragik in Ravels Kunst gegenseitig bedingen und durchdringen.